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Kunststoffrecycling für den Lebensmitteldirektkontakt und alternative Einsatzgebiete

Kunststoffe zählen zu den am meisten verwendeten Lebensmittelkontaktmaterialien. Im Kampf gegen Kunststoffabfälle wird auch der Einsatz von Recycling-Kunststoffen in Verpackungen forciert, wobei für Lebensmittelverpackungen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden müssen, damit sie als sicher gelten können.

Die Kriterien dafür, was alltagssprachlich als „lebensmittelecht“ bezeichnet wird, zielen im Wesentlichen darauf ab, dass Stoffe aus der Verpackung nicht in gesundheitsgefährdenden Mengen auf das Lebensmittel übergehen dürfen und dass die Zusammensetzung der Lebensmittel nicht verändert und deren Qualität hinsichtlich Geschmack und Geruch nicht beeinträchtigt werden darf. Dass Lebensmittelverpackungen vor ihrer Entsorgung mitunter auch als Behälter für diverse Stoffe missbräuchlich verwendet werden, stellt zusätzliche Herausforderungen an den Produktionsprozess für Rezyklat, das wieder für den Lebensmitteldirektkontakt geeignet sein soll.

Der Weg zur Sicherheitsbewertung von Recyclingverfahren zur Produktion von Rezyklat für den Lebensmitteldirektkontakt führt in der Europäischen Union über die „European Food and Safety Authority“ (efsa) und in den USA über die „Food and Drug Administration“ (FDA). Die Bewertung selbst ist maßgeblich von der verpackten Substanz, dem Polymer, das damit in Kontakt kommt, und von den Lagerbedingungen wie Zeit und Temperatur abhängig. Polyethylenterephthalat (PET) ist ein sehr inertes Polymer und PET-Bottle-to-Bottle-Recycling schon seit über 20 Jahren etabliert. High-Density-Polyethylen (PE-HD) hingegen ist durchlässiger und weniger dicht. Die Anforderungen zur Gewährleistung der sicheren Wiederverwendung z.B. von PE-HD-Milchflaschen sind daher von der Rücklaufkontrolle bis hin zum Recyclingprozess deutlich strenger und umfassender. Wie streng und umfassend, dafür gibt es von efsa und FDA unterschiedliche Bewertungskriterien.

PCR-PE-HD für den Lebensmitteldirektkontakt

EREMA bekam im Herbst 2019 von der FDA die Bestätigung, dass mit dem patentierten Extrusionssystem Intarema TVEplus RegrindPro in Kombination mit dem ReFresher-Modul produziertes PE-HD aus Post-Consumer-Recycling (PCR-PE-HD) in Anteilen bis zu 100 Prozent für den Einsatz in Lebensmittelverpackungen geeignet ist. Ausgangsmaterial ist ein definierter Inputstrom, der zu 99 Prozent aus lebensmitteltauglichen PE-HD-Verpackungen, z.B. Milch- und Saftflaschen, besteht. Auf diese Weise recycelt kann das gewonnene PCR-PE-HD wieder zu Flaschen, aber auch zu Lebensmitteltassen sowie Einweggeschirr und -besteck verarbeitet werden. Im betreffenden No-Objection-Letter erklärt die FDA, dass das Recyclingverfahren potenzielle Kontaminanten so weit reduziert, dass diese nicht in einer höheren Konzentration als 0,5 ppb in die Lebensmittel übergehen. Das ist der von der FDA festgelegte Grenzwert für die Einstufung als ein für die Konsumenten vernachlässigbares Risiko. Einzuhaltende Bedingungen hierfür sind eine gekühlte Lagerung der mit dem Rezyklat verpackten Milch-, Saft- und Fleischprodukte. Zudem darf daraus produziertes Einweggeschirr und Besteck nur für kurze Zeit mit kalten und heißen Lebensmitteln in Kontakt kommen.

Für diese Beurteilung wurde die Reinigungseffizienz des PE-HD-Recyclingprozesses einem sogenannten Challenge-Test unterzogen. 150 kg sortierte, gewaschene und für den Test hochkontaminierte PE-HD-Flakes aus dem Gelben Sack wurden recycelt. Bei der Kontamination der Flakes wurde sowohl im Hinblick auf die Menge der eingebrachten Stoffe als auch auf die Dauer der Kontamination ein Worst-Case-Szenario geschaffen. Durch den Test konnte nachgewiesen werden, dass die Konzentration der leichtflüchtigen Substanzen (Toluol, Chlorbenzol) im Recyclingprozess auf Werte unterhalb der analytischen Nachweisgrenze gesenkt wurde. Auch die Konzentration von Methylsalicylat und der schwerflüchtigen Verbindung Benzophenon war im recycelten Produkt signifikant verringert, ebenso wie die Konzentration der PE-HD-typischen Oligomere. Die Reinigungseffizienz lag mit einer Ausnahme (das besonders schwerflüchtige Methylstearat) bei über 99 Prozent.

Die FDA-Zulassung eröffnet EREMA-Kunden, die für den US-Markt und für Länder mit FDA-Regelungen produzieren, neue Möglichkeiten. Zwar wird beispielsweise in Großbritannien schon seit 2008 mit EREMA-Recyclingtechnologie (Vacurema) aus Milchflaschen gewonnenes PCR-PE-HD wieder in der Milchflaschenproduktion eingesetzt, allerdings nur in Anteilen bis zu 30 Prozent (wobei die dafür gültige FDA-Zulassung Anteile bis zu 50 Prozent zulassen würde). Mit der beschriebenen Recyclingtechnologie ließe sich dieser Anteil nun auf bis zu 100 Prozent steigern.

In der EU, wo die Recyclingziele besonders ambitioniert sind – bis 2030 sollen 55 Prozent der Kunststoffverpackungsabfälle recycelt werden – gibt es jedoch für das Recycling von PE-HD-Lebensmittelkontaktmaterialien keine abschließende efsa-Bewertung. In einem im Februar 2015 veröffentlichten Gutachten zur Sicherheitsbewertung von zwei Verfahren für das Recycling von PE-HD-Milchflaschen zu Rezyklat für den Lebensmittelkontakt stuft die efsa zwar beide Verfahren als unbedenklich für die Verwendung in Obst- und Gemüseschalen ein, allerdings die Daten als nicht ausreichend bewertet, um die Sicherheit beim hauptsächlichen Einsatz in Milchflaschen und Fleischschalen zu bewerten. Daraus kann aber im Umkehrschluss nicht abgeleitet werden, dass diese Verpackungen ungeeignet sind.

Alternative Verwendung in Kosmetikverpackungen

PCR-PE-HD wird in der EU daher vermehrt in alternativen, ebenfalls sehr hochwertigen Endprodukten eingesetzt, so etwa im Frühjahr 2019 in Deutschland in der weltweit ersten Duschgelflasche aus 100 Prozent PCR-PE-HD von Werner & Mertz. Das ist deshalb bemerkenswert, weil – um als sicher zu gelten – auch Kosmetikprodukte einerseits sehr hohe Anforderungen u.a. zu Verunreinigung erfüllen müssen, die durch Migration aus der Verpackung entstehen (EU-Verordnung über kosmetische Mittel (EG) Nr. 12223/2009), und weil andererseits der Inputstrom für diese Verpackung PE-HD-Hohlkörper aus dem Gelben Sack sind. Nach Sortierung und spezieller Wäsche werden die aufbereiteten Flakes mit dem Intarema TVEplus RegrindPro plus ReFresher-Modul recycelt, für die EREMA die FDA-Bestätigung erhalten hat.

Die Systemkombination mit dem ReFresher dekontaminiert das Material und beseitigt Gerüche. Aufgrund der hohen Qualität des so gewonnenen PCR-PE-HD stehen diesem Inputstrom viele sensible Anwendungsgebiete etwa im Bereich der Body-Care-Produkte offen. Allerdings greifen Hersteller genau dafür mittlerweile immer häufiger zu PET bzw. rPET. Die Folge: Wird für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignetes rPET in Duschgelflaschen eingesetzt, verliert es diese Eignung und geht dem Kreislauf für Lebensmitteldirektkontakt-Material verloren. Zur Wiederverwendung müsste also ein eigener Sammelkreislauf für Non-Food-rPET geschaffen werden.

rPET für den Lebensmitteldirektkontakt

Da PET ein sehr inertes Material ist, fällt das Migrationsrisiko deutlich geringer aus, weshalb PET-Recyclingprozesse und Rezyklate auch die besonders strengen Anforderungen der efsa erreichen. Mehr als 140 Stellungnahmen hat sie bisher für PET-Recyclingprozesse abgegeben – allesamt positiv. Bei der Bewertung der Lebensmitteltauglichkeit kommen in der EU derzeit nationale Richtlinien und mehrere EU-Verordnungen zur Anwendung (siehe Kasten). Die EU plant nur noch von der efsa bewertete und von der Europäischen Kommission (DG Sante) zugelassene Recyclingverfahren für die Herstellung von Lebensmittelverpackungen zuzulassen, die teilweise oder vollständig aus recyceltem Kunststoff bestehen.

Der Recyclinganlagenbetreiber selbst muss als Voraussetzung für eine Bewertung einen Zulassungsantrag stellen.

Bisher hat die efsa zum überwiegenden Teil Stellungnahmen zur Sicherheitsbewertung für PET-Recycling (bottle to bottle, bottle to sheet, bottle to tray) abgegeben und veröffentlicht, darunter auch zahlreiche Verfahren mit Bottle-to-bottle-Technologie von EREMA. Zwar wurden darin alle beantragten PET-Recyclingverfahren positiv bewertet, eine Zulassung und damit eine offizielle Autorisierung gibt es bis heute aber noch nicht. Darüber muss die Europäische Kommission entscheiden, die danach eine Liste der autorisierten Verfahren veröffentlichen wird.

Derzeit werden die nationalen Behörden per sogenanntem CMSS (compliance monitoring summary sheet) informiert und geschult, sodass sie im Falle der offiziellen Zulassung auch die jeweiligen Recyclinganlagenbetreiber auditieren können. Ist das geschehen, dürfen recycelte Kunststoffe, die für den direkten Kontakt mit Lebensmitteln bestimmt sind, nur noch über die gelisteten Verfahren hergestellt werden. Bis dahin gelten die genannten EU-Verordnungen und nationales Recht, deren Einhaltung Recyclinganlagenbetreiber auch selbst prüfen und zertifizieren lassen können. Die offizielle Zulassung der Verfahren auf der Basis akzeptierter und verbindlicher Qualitätskriterien ist allerdings dringend nötig, um der Industrie Rechtssicherheit zu vermitteln. Seit der EU-Verordnung (EG, Nr. 282/2008), also seit 12 Jahren, ist diese finale Entscheidung ausständig.

EU-Verordnungen

Zur Bewertung der Lebensmitteltauglichkeit werden allgemeine Anforderungen an alle Lebensmittelkontaktmaterialien (EG Nr. 1935/ 2004) herangezogen, Regelungen für eine gute Herstellungspraxis (EG Nr. 2023/2006) sowie eine Rechtsvorschrift, gültig speziell für in Lebensmittelkontaktmaterialien verwendete Kunststoffe (EU Nr. 10/2011). Darin wird ein Gesamtmigrationsgrenzwert festgelegt und sie beinhaltet eine verbindliche Positivliste der zur Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien zugelassenen Monomere und Zusatzstoffe sowie deren jeweils spezifische Migrationsgrenzwerte. Diese Grenzwerte basieren auf der Annahme, dass eine Person mit 60kg Körpergewicht im Laufe ihres gesamten Lebens täglich 1kg in Kunststoff verpackte Lebensmittel verzehrt, die den betreffenden Stoff in der zulässigen Höchstmenge enthalten.

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Ursprünglich erschienen in „Kunststoff international” im Mai 2020

(Artikel, 20.05.2020)

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